NATUR,
FALTER 25/22 VOM 21.06.2022
Sie suchte Obstbäume und fand Rosen, als sie im Herbst 2019 auf dem Weg von London nach Cambridge in George Orwells Garten trat. Der englische Schriftsteller, der mit „1984“ und „Farm der Tiere“ zu Weltruhm gelangte, hatte im Dorf Wallington Ende der 1930er-Jahre ein kleines Haus mit Garten gemietet. Dort pflanzte er Rosen, die noch heute blühen.
George Orwell kam 1903 als Eric Arthur Blair, Sohn eines Kolonialbeamten, im heutigen Indien zur Welt, damals noch britische Kolonie. Seine Mutter entstammte einer Familie, die mit Teakholz handelte. Von 1922 bis 1927 arbeitete Orwell als Polizist des Empire in Indien, was ihn zum unversöhnlichen Kritiker des Imperialismus werden ließ. Doch auch Europa barg wenig Hoffnung auf Demokratie und Menschenrechte: Orwell erlebte zwei Weltkriege, kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg und starb 1950, mit 46 Jahren, an Tuberkulose.
Gerade am Ende seines Lebens gärtnerte er nicht nur, sondern baute einen Bauernhof auf der Hebriden-Insel Jura auf. In seinen Werken dringt sein Interesse an der Natur generell, aber eben auch an der Arbeit im Garten und in der Landwirtschaft in vielerlei Hinsicht durch. Oft in Metaphern, wie in seiner Fabel „Farm der Tiere“, in der er mit der fehlgeschlagenen Revolution in der Sowjetunion abrechnet. In „1984“, das er auf Jura schrieb, beschreibt er einen totalitären Überwachungsstaat. Das Grundthema – der Verlust der persönlichen Freiheit – ist durchdrungen von seiner Sehnsucht nach Ursprünglichkeit und Natur, nach autonomer Gestaltung der eigenen Umwelt.
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