Die britische Innenministerin Priti Patel macht seit zehn Jahren mit harten politischen Positionen Politik: Ob Brexit oder Immigration – sie steht immer am rechten Rand. Das bringt ihr nicht nur Kritik ein. Die konservative Parteibasis, aber auch so mancher Labour-Wähler schätzt sie dafür.
Von Tessa Szyszkowitz, London
Es ist nicht immer angenehm, Priti Patel zu sein. Die britische Innenministerin gilt als Hardlinerin in Boris Johnsons Brexit-Kabinett und wird oft auf der Straße und im Internet für ihre harten Positionen angegriffen.
Als sie aber am 16. Juni ins nordenglische Städtchen Wakefield fuhr, um dort im Wahlkampf zu helfen, traf sie laut einem Bericht des „Daily Telegraph“ auf überraschend viel Sympathie für ihre politischen Positionen. „Machen Sie weiter so!“, rief ihr jemand zu. „Ich bin dabei! Es ist unfassbar, was los ist!“, antwortete Patel.
Dabei ist Wakefield ein Wahlkreis, in dem traditionell die Labour-Partei gewinnt. Erst 2019 stimmte dieser Ziegelstein in der Roten Mauer in Nordengland für Boris Johnsons Konservative. Am 23. Juni muss dort jetzt außertourlich gewählt werden, weil der bisherige Abgeordnete Imran Ahmad Khan im Mai zurücktreten musste, nachdem er wegen sexueller Belästigung eines Jungen verurteilt worden war. Dem konservativen Nadeem Achmed droht allen Umfragen nach eine harsche Niederlage.
Dass Patel als Wahlhelferin für den konservativen Kandidaten eingespannt wurde, spricht Bände: Teile der Arbeiterbewegung sympathisieren mit ihren hart rechten Positionen in der Immigrationspolitik. Sie hat sich dafür seit ihrem Eintritt als Innenministerin in Johnsons Kabinett im Juli 2019 einen Namen gemacht.
Vom Zeitungsshop ins Regierungskabinett
Das war ihr nicht in die Wiege gelegt worden. Die 50-jährige Innenministerin wurde als Tochter indischer Einwanderer aus Uganda geboren. Die Patels sind Hindus. Sie wuchs in Hertfordshire auf, ihre Eltern besaßen einen Zeitungsladen. Als junge Frau fühlte sie sich zwar von Margaret Thatcher inspiriert, begann aber ihre politische Karriere erst bei der Referendum Party, die sich schon Anfang der 90er Jahre für den Austritt aus der EU aussprach. Nach ihrem Studium an der Universität Essex arbeitete sie zuerst einige Jahre als PR-Beraterin. 1997 wechselte sie zu den Konservativen und arbeitete im Presseteam von William Hague.
Dann wurde David Cameron auf ihr politisches Talent aufmerksam, empfahl sie als Kandidatin für einen Parlamentssitz, den sie 2010 prompt gewann und 2015, 2017 und 2019 erfolgreich verteidigte. In Camerons Kabinett zog sie als Staatssekretärin für Arbeit ein.
Lebenslange Brexitierin
Schon damals galt sie als sozial konservativ. 2011 trat sie in einer Fernsehdebatte für die Todesstrafe ein. 2012 publizierte sie mit einigen ihrer jetzigen Kabinettskollegen das Buch „Britannia unchained“, in dem sie eine Abschlankung des Wohlfahrtsstaats propagierte. Man zählte sie zur Generation der neuen Rechten in der Tory-Partei. Doch die große Zeit der lebenslangen EU-Skeptikerin begann mit dem Brexit-Referendum. Patel wurde 2015 eine der führenden Stimmen in der Vote-Leave-Kampagne: „Ich war schon mein ganzes Leben Brexitierin“, sagt sie heute.
Unter Theresa May avancierte Patel zur Ministerin für internationale Entwicklung. Einen Posten, den sie mit großem Enthusiasmus antrat und schnell wieder verlor. Sie brach den „ministeriellen Code“ - die Benimmregeln für Regierungsmitglieder - weil sie Treffen mit israelischen Ministern nicht gemeldet hatte. Sie musste zurücktreten.
Doch Boris Johnson holte die loyale Ultrabrexitierin dann im Juli 2019 als Innenministerin in sein Kabinett – als eine der fünf wichtigsten Ministerinnen ist sie eine treibende Kraft hinter dem prononciert rechten Kurs der Regierung.
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