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Boris Johnson behält sein Amt - und die Briten ihr Misstrauen

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"Partygate" hat den einstigen Publikumsliebling Boris Johnson in den eigenen Reihen zur Persona Non Grata gemacht. Das Misstrauensvotum gegen den Premier ist seit Dienstag vom Tisch – doch mit seinem skandalösen Verhalten während des Corona-Lockdowns hat Johnson eine Rebellion an der Tory-Basis losgetreten, die ihm schon bald zum Verhängnis werden könnte.

William Hague, von 1997 bis 2001 selbst Parteichef der Tory-Partei, ruft seinen Nachfolger Boris Johnson zum Rücktritt auf: „Es ist so als würde man mit zwei geplatzten Reifen weiter auf der Autobahn fahren“, sagte Hague im „Times Radio“ am Dienstagvormittag, „und dabei sagen: Ich sitze immer noch am Steuer.“

Boris Johnson aber will nicht auf seinen Vorgänger hören. Am Montagabend hatten ihm zwar 41 Prozent der eigenen konservativen Abgeordneten im britischen Unterhaus das Misstrauen ausgesprochen. Am nächsten Morgen aber schwor der umstrittene konservative Parteichef und Premierminister bei einer Kabinettssitzung erst mal seine Ministerinnen und Minister auf einen Schulterschluss ein: „Ziehen wir einen Strich unter Partygate! Das ist eine Regierung, die das umsetzt, was die Menschen in diesem Land am meisten brauchen.“

Beliebtheit schlagartig ausradiert 

Das wird der 57-jährige Premierminister jetzt beweisen müssen. Zurzeit rumort es nicht nur auf den Hinterbänken des Unterhauses, die Rebellion gegen den einstigen Publikumsliebling speist sich aus dem Unmut der Basis im Land. Die konservative Webseite Conservative Home hat in ihrer jüngsten Umfrage festgestellt, dass 55 Prozent der Basis den Rücktritt von Boris Johnson befürworten. Nur noch 41 Prozent wollen, dass er bleibt. Das war im April noch anders, da war eine Mehrheit für ihn.

„Partygate“ hat Johnsons Beliebtheit ausradiert. Es hat die Briten tief getroffen, dass sie ihre Eltern während der Lockdowns zwei Jahre nicht mal besuchen konnten, während, wie sich später herausstellte, besoffene Politberater und Privatsekretäre bis drei Uhr früh feierten und dabei auch noch auf die Kopiermaschine kotzten. Dass Boris Johnson nach Lust und Laune die von ihm selbst formulierten Covid-Regeln gebrochen hat, ist das eine. Der Bericht der Spitzenbeamtin Sue Gray über die illegalen Parties, der am 25. Mai publiziert wurde, führte bei vielen Konservativen zu echter moralischer Empörung.

Die hätten sie aber noch kontrollieren können, wenn sie jetzt nicht fürchten müssten, dass Boris Johnson seine wichtigste Trumpfkarte verloren hat: Der charismatische Chaot ist nicht mehr die Wunderwaffe an der Wahlurne, die er noch 2019 war. Damals holte er für die Partei einen sensationellen Sieg mit 80 Mandaten Überhang. Bei den Regionalwahlen im Mai verloren die Tories hingegen knapp 500 Gemeinderäte. Viele Lokalpolitiker wollten im Wahlkampf partout keinen Besuch vom Chef persönlich. Er galt bereits als Belastung.

Der nächste Stolperstein wartet schon 

Schon am 23. Juni stehen zwei nächste Tests für Johnsons Popularität an. In zwei Wahlkreisen müssen die Abgeordneten nach Rücktritten neu gewählt werden. ...

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© 2018 Tessa Szyszkowitz