Israel und die palästinensischen Gebiete sind ein gefährliches Einsatzgebiet für Journalistinnen. Die Erschießung der palästinensisch-amerikanischen Journalistin Shireen Abu Akleh in Jenin am 11. Mai führt zu Unruhen in den Gebieten. Die israelische Regierungskoalition unter Rechtspremier Naftali Bennett hat ihre Mehrheit verloren. Vor dem Jerusalem-Tag am 28. Mai, den Israel seit der Vereinigung der Hauptstadt 1967 feiert, steigen die Spannungen weiter.
Israel ist zurück in den Schlagzeilen und, Sie haben es schon erraten, das ist keine gute Nachricht. Die Gewaltspirale zwischen Israelis und Palästinensern dreht sich wieder.
Seit zwei Monaten kommt es verehrt zu Anschlägen auf Israelis, die palästinensischen Täter stammen aus dem Raum um die Westbank-Stadt Jenin. Am 11. Mai wurde dort die Nahost-Korrespondentin von Al-Jazeera, Shireen Abu Akleh, bei einer israelischen Militäraktion erschossen. Obwohl sie als Mitglied der Presse ausgewiesen war. Die palästinensisch-amerikanische Journalistin, die engagiert seit der zweiten Intifada über die Zustände in den palästinensischen Gebieten berichtet hatte, war ungemein beliebt. Der Aufschrei über ihren Tod war via soziale Medien weit hinaus in die Welt zu hören.
In Israel und den besetzten Palästinensergebieten aber kam es erst einmal zum Streit darüber, wer die Reporterin auf dem Gewissen hatte. Dies folgte dem Prinzip „Zweifel säen“, wie die israelische Journalistin Noa Landau in der israelischen Tageszeitung Ha’aretz schrieb. Das israelische Militär publizierte ein Video, in dem darüber spekuliert wurde, ein palästinensischer Terrorist hätte Abu Akleh erschossen.
So richtig aber wollte niemand zwischen Jenin und Washington dieser Version glauben. Die israelische Menschenrechtsorganisation B’tselem, die israelische Tageszeitung Ha’aretz und die Rechercheplattform Bellingcat analysierten Videomaterial und kamen zu dem Schluss, zwischen dem palästinensischen Schützen und Journalistin Abu Akleh seien mehrere Gebäude gestanden, eine direkte Schusslinie somit unmöglich. Augenzeugen berichten, Abu Akleh sei von einem israelischen Sniper erschossen worden.
Der UN-Sicherheitsrat verurteilte die Ermordung und forderte eine „sofortige, genaue, transparente, faire und unparteiische Untersuchung“. Man sieht schon an der Fülle der Adjektive, dass es diese Untersuchung nicht leicht haben wird.
Am Freitag prügelten israelische Polizisten mit Knüppeln auf Palästinenser ein, die Shireen Abu Aklehs Sarg beim Begräbnis durch die Straßen trugen. „Wie hässlich und erbärmlich ist das Gesicht dieser verdammten Besatzung“, sagte Esawi Freige, Mitglied der linken Meretz-Partei. Der israelische Araber ist derzeit Israels Minister für Regionale Kooperation, weil Meretz in einer breiten Regierungskoalition sitzt. Diese kam zustande, um den korrupten Langzeitpremier Benjamin Netanjahu aus dem Amt zu jagen.
Das ist zwar gelungen, aber elf Monate später steht der neue Regierungschef Naftali Bennett schon wieder vor dem Aus. Der 50-jährige Sohn amerikanischer Einwanderer steht der Rechtspartei „Jamina“ vor. Viele seiner Gleichgesinnten werden ihm nie verzeihen, dass er gemeinsam mit linken und arabischen Parteien regiert.
Dass sich trotz der Beteiligung linker Kräfte an einer israelischen Regierung die Besatzungspolitik nicht ändert, war zu erwarten. Die jüngsten Vorfälle aber schockieren....
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