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Seit 1832 gab es in Nord Shropshire fast immer eine konservative Mehrheit. Mit dem „Great Reform Act“ hatte man neue Wahlkreise gezogen. Die mittelenglische Grafschaft war und blieb ab diesem Zeitpunkt mit einem kurzen Intermezzo 1904-1906 fest in den Händen der Tories.
Bis zum 16. Dezember 2021. Da war die satte Mehrheit von 23.000 Stimmen plötzlich weg. Von 62 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen 2019 bekamen die Konservativen nur noch 31 Prozent. Die Nachwahl war notwendig geworden, weil der bisherige Abgeordnete Owen Patterson wegen eines Korruptionsskandals zurückgetreten war. Die Ohrfeige galt vor allem einem: Boris Johnson.
Boris Johnson? Galt der 57-jährige konservative Premierminister nicht gerade noch als Volksliebling? Als chaotischer Charismatiker, der trotz aller Fehler für eine Mehrheit der Briten nichts falsch machen konnte?
„Die Party ist vorbei“, sagte die liberaldemokratische Wahlsiegerin Helen Morgan in ihrer Rede in der Nacht auf Freitag und brachte damit den Ärger der Wähler auf den Punkt: Boris Johnson hat zwei Jahren nach seinem fulminanten Wahlsieg im Dezember 2019 seine Fans enttäuscht und unter Umständen ihre Gunst für immer verloren.
Allein diese Woche war voller politischer Katastrophen für den Regierungschef. Da war erst einmal die Sache mit den illegalen Weihnachtsparties. Seit Wochen bringen britische Medien immer neue Beweise, dass es in Downing Street und anderen Ministerien während der Lockdowns 2020 und 2021 Weihnachtsparties und andere soziale Events gegeben hat, bei denen Regierungsmitarbeiter entgegen der eigenen Regeln feierten. All das, während das brave Volk vor einem Jahr sogar das Weihnachtsfest im engsten Kreis absagen musste, weil Boris Johnson wie immer zu spät zu Maßnahmen gegriffen hatte, um den Covid-Virus einzudämmen.
Zentral für den Erfolg von Krisenmanagement in demokratischen Staaten ist eine Kernkompetenz, die Boris Johnson längst verspielt hat: Vertrauen. Verheerend waren die Signale, die seine Berater und Regierungsmitglieder während der harten Lockdowns im Frühling und Winter 2020 sendeten. Erst machte sein damaliger Chefberater Dominic Cummings im Mai 2020 trotz ausdrücklichen Ausfahrverbots mit seiner Frau eine Landpartie zum Schloß Barnard im hohen Norden. Und trat nach dem Skandal nicht zurück. Dann knutschte ausgerechnet Gesundheitsminister Matt Hancock entgegen der eigenen Regeln mit einer Mitarbeiterin im Büro. Zu diesem Zeitpunkt war privater Kontakt nur innerhalb der eigenen Bubble erlaubt.
Deshalb sind die Briten jetzt böse. Und die Wähler enttäuscht.
2019 hatte sich das Wahlvolk auf dem Höhepunkt der Brexit-Verhandlungen begeistert Boris Johnson an den Hals geworfen....
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