Die erste Nachricht war die schlimmste: Die neue deutsche Regierung wird kein Tempolimit beschließen.
Tempolimit ist für die Deutschen wie gun control für Amerikaner - das Recht auf Raserei gehört wie jenes auf eine Waffe zu den gefährlichsten nationalen Traditionen der Jetztzeit.
Eine herbe Niederlage für die Grünen schon in den Sondierungsgesprächen, bevor sie überhaupt mit der SPD und der FDP auf die Regierungsbank klettern. Und ein früher Sieg für die Liberalen, die sich nicht darum scheren, dass mehr Menschen sterben und die Umwelt leidet, wenn es auf deutschen Autobahnen keine Geschwindigkeitsbeschränkung gibt.
Wenn Grünen-Chefin Annalena Baerbock verkündet, dass "in einer Ampelkoalition Umweltschutz eine Querschnittsaufgabe ist", will man müde lächeln.
Gerade jetzt, da die 18-jährige Greta Thunberg mit ihrer radikalökologischen Kampagne die Regierungen beim Klimagipfel in Glasgow vor sich hertreibt, wirken die Anstrengungen der Grünen in Deutschland ziemlich alt.
Die deutschen Koalitionsverhandlungen schleppen sich. Allen ist klar, dass es zwischen SPD, Grünen und Freien Demokraten irgendwie gehen muss - denn die Alternative will auch niemand: eine Neuauflage der großen Koalition von CDU/CSU und SPD unter der Führung des Sozialdemokraten Olaf Scholz? Das kommt auch für die Christdemokraten nicht infrage.
Die sind in der Opposition erst einmal gut aufgehoben. Die Konservativen müssen einen neuen Parteichef finden, und Angela Merkels Fußstapfen sind für alle derzeit denkbaren Kandidaten einfach um einiges zu groß.
Doch auch die Ampelkoalitionäre tun sich schwer miteinander. 300 Delegierte ringen in 22 Arbeitsgruppen um gemeinsame Positionen. Worum geht es?
Olaf Scholz hat mit Angela Merkel mitregiert - er weiß, wie schwer zum Beispiel realpolitisch gesehen eine Kurskorrektur der gemäßigten deutschen Außenpolitik gegenüber Russland und China sein wird. Grüne und FDP hingegen kommen aus der Opposition - sie fordern eine schärfere Gangart gegenüber jenen Regimen, die ungeniert Minderheiten und Opposition schikanieren. In Berlin landete gerade erst wieder ein russischer Geheimdienstmitarbeiter tot auf dem Pflaster vor der russischen Botschaft, den man einfach aus dem Fenster geworfen hatte.
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