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Lebenslang

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London. Da saßen sie, nebeneinander auf der Anklagebank. Ein leerer Stuhl zwischen ihnen. Sie – eine der gefragtesten Ökonominnen des Landes. Er –liberaldemokratischer Politiker und ehemaliger Energieminister. Der Richter verurteilte beide am späten Nachmittag des 11. März zu acht Monaten Gefängnis. Ihn, weil er sie bedrängt hatte, eine Verkehrstrafe für ihn zu übernehmen. Er war zu schnell in eine Radarfalle gefahren und bestand darauf, dass sie für ihn log und seine „speeding points“ auf sich nahm. Sie, weil sie zugestimmt hatte.

Wegen so einer Lappalie ist jetzt beider Leben ruiniert. Ganz London debattiert seit Wochen über den Fall. Der Hintergrund ist denkbar banal: Chris Huhne hatte seine Frau Vicky Pryce 2010 für seine Pressesprecherin verlassen. Die betrogene Ehefrau steckte aus Rache der “Sunday Times”, ihr Mann habe sie 2003 gezwungen, seine Strafpunkte auf sich zu nehmen.

Jetzt – zehn Jahre nach der Tat – kam’s zum Prozess. Chris Huhne mußte schon 2012 als Minister zurücktreten, seinen Abgeordnetenposten ist er inzwischen auch los. Vicky Pryce, die gerade noch mit einem Kabinettsposten liebäugelte, wird nicht mehr als Wirtschaftsweise gefragt sein.

Eine Tragödie schon allein deshalb, weil alles so lächerlich ist: Rache über die Medien zu suchen? In England mit der rücksichtslosen Boulevardmeute der Welt? Ganz schlechte Idee. Doch die in Griechenland geborene Ökonomin war offenbar zu verletzt, um nachzudenken. Jetzt wird sie zwei Monate in einer Zelle sitzen - zu allem Schaden und Spott auch noch getrennt von ihren fünf Kindern. (Ein paar weigern sich, mit dem Vater zu reden) Die restlichen 6 Monate werden mit Fußfessel unter Hausarrest absolviert. Hätte man nicht mildernde Umstände gelten lassen können? Der Ruin der Karriere von Vicky Pryce ist wohl schon Strafe genug.

Der Richter aber wollte ein Exempel statuieren und Nachahmer von innerfamiliären Kleinverbrechen abhalten. Seltsam, dass sich ein Rechtssystem selbst so ernst nimmt. Aber eins ist klar: Aus Gefahr auf Wiederbetätigung muss Frau Pryce sicher nicht eingesperrt werden. Sie entleibt sich lieber als noch mal für ihren Exmann zu lügen.

Hier noch ein Link. Ein interview mit der “Sunday Times”-Journalistin, die für die Pryce-Story verantwortlich ist:

http://www.bbc.co.uk/news/uk-politics-21732971

Und: Wie die Witwe von Ex-Außenminister Robin Cook das Leben der Politikerfrauen sieht:

http://www.guardian.co.uk/uk/2013/mar/08/vicky-pryce-chris-huhne-political-marriages

 

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© 2018 Tessa Szyszkowitz