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Back to the "Anschluss"

London. Am Abend des 12. März 2013 sitzt Edmund de Waal am Boden neben dem Klavier im “Austrian Cultural Forum” und schaut zu seinem Vater Victor auf, der gemessen und gerührt seinem Sohn dankt. Es scheint eine Tradition in dieser Familie zu sein, Worte mit Bedacht erst dann eines nach dem anderen auszusprechen, wenn der Satz fertig gedacht ist. Der Vater also lobt den Sohn dafür, dass er jetzt auch noch dem Rückkehrer-Roman von Edmunds Großmutter zur Publikation verholfen hat. “The Exiles return” trägt stark autobiographische Züge. Die Juristin und Dichterin Elisabeth de Waal kehrte in den Fünfzigerjahren auf Besuch nach Wien zurück. Sie blieb nicht lang. Dank dem Erfolg ihres Enkels mit “Der Hase mit den Bersteinaugen” wird ihr Roman 75 Jahre nach dem “Anschluss” nun doch noch publiziert.

Am 12. März überschritten deutsche Truppen die Grenze zu Österreich. Am 13. März wurde der “Anschluss” Österreichs an Nazi-Deutschland proklamiert: “Sehr zur Freude vieler Österreicher”, wie die Leiterin des Kulturforums, Elisabeth Kögler, in ihren einleitenden Worten feststellte. Edmund de Waal wollte die Präsentation des Buches genau am 12. März abhalten. Denn im Brotberuf ist der 48jährige zwar Professor für Keramik, aber eigentlich ist er Geschichtsschreiber. Im “Der Hase mit den Bernsteinaugen” beschreibt de Waal detailgenau, wie die jüdischen Ephrussis aus Odessa als Bankiers in Wien und als Kunstmäzene in Paris Furore machten. Und wie sie dann nach dem “Anschluss” 1938 in hohem Bogen aus ihrem Ringstraßenpalais geworfen wurden. “Der Hase” wurde weltweit ein Bestseller. Sogar in Wien, wo die Wahrheit oft ein bisserl

Nachhilfeunterricht braucht, bis sie an den Tag kommt. Allein die deutsche Übersetzung wurde bisher 175.000 mal verkauft.

Edmund de Waal sagt, dass er lieber Vasen formt als das Geschichtsbild der nächsten Generation. Derzeit aber läuft beides exzellent: Im Herbst stellt er beim Zeus der kommerziellen Kunst – Larry Gagosian - in New York aus. Und “Der Hase mit den Bernsteinaugen” wird demnächst groß verfilmt.

Diese Woche muss er jedenfalls noch einmal eine Pause vom Töpfern seiner Vasen nehmen, die wie er

schlank und bedacht im Ausdruck sind. Erst muss er noch ein paar Worte sagen. “Der Vortrag ist fertig”, sagt er, “vielleicht lese ich ihn vorher noch einmal durch.” Auf Einladung der österreichischen Parlamentspräsidentin Barbara Prammer hält Edmund de Waal heute abend in Wien die passende Rede zum 13. März, dem Tag des “Anschlusses”: “Bringing memory home.”

Links:

Elisabeth de Waal, “The Exiles return”:

http://www.amazon.com/The-Exiles-Return-Elisabeth-Waal/dp/1903155924

Auf Deutsch erscheint der Roman im Frühling 2014 bei Zsolnay.

Edmund de Waal in Wien:

Lesung | 13.03.2013 | 19.00 Uhr

"BRINGING MEMORY HOME" Ort: Palais Epstein , Dr. Karl-Renner-Ring 1, 1010 Wien

[caption id="attachment_630" align="alignright" width="300"]SONY DSC Edmund de Waals Vasen im Waddesdon Manor 2012[/caption]

Veranstalter: Österreichisches Parlament, Wien

http://www.hanser-literaturverlage.de/autoren/autor.html?id=27913

Vorigen Frühling traf ich Edmund de Waal in Jacob Rothschild’s Partypalast Waddesdon Manor:

http://derstandard.at/1339638689298/Keramiken-Wiedereroberung-der-Familiengeschichte

 

 

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© 2018 Tessa Szyszkowitz