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Der große Prinzenplan

Auf die Gefahr hin, dass Leserinnen wie Felicity Read das alles nicht mehr ertragen können, kommt hier mein Royalbaby-Blog. Felicity tweetete heute früh: "In welcher Gummizelle werden alle diese königlichen Experten, die heute von der BBC eingesetzt wurden, normalerweise verstaut?" Doch der "Great Kate Wait" ("Daily Mirror") ist eben vorbei. Das Kind ist geschlüpft und muß sich von der ersten Minute seines Lebens an daran gewöhnen, dass es keine Privatheit in seinem Leben geben wird. Mir ist es ein bisschen peinlich, aber ich konnte mich nicht dazu überreden, zwei Wochen lang in der Affenhitze vor dem St. Mary Spital in Paddington auf die Geburt des königlichen Sprößlings zu warten. Jetzt wissen wir zwar, dass es ein gesunder Knabe von 3,8 Kilo geworden istAllerdings haben britische Thronfolger ja an sich das Pech, dass sich nach ihrer Geburt niemand mehr so richtig für sie interessiert - außer sie flüstern irgendwas über ihren Wunsch, ein Tampon zu sein oder lassen sich scheiden.

Für alle, die doch noch mehr über den neugeborenenen Prinz von Cambridge wissen wollen, hier ist eine Zusammenfassung seines zukünftigen Lebens:

Mini HRH

"His Royal Highness Prince George Alexander Louis of Cambridge" hat auf sich warten lassen. Mit 3,8 kg ist der kleine Kerl nun genau das, was Kate und Will sich gewünscht haben: ein durchschnittliches und gesundes Kind. Nicht nur sie waren glücklich, auch jene zehn Prozent frischgebackener britischer Eltern, die mit der Namensgebung seit Tagen zugewartet haben, um ihr Baby nach dem nächsten König und überübernächsten Monarch zu nennen, können jetzt bald zum Standesamt laufen. In Großbritannien hat man für die Namensgebung 42 Tage Zeit. Herr und Frau Cambridge müssen sich nicht auf der Gemeinde anstellen, zu denen kommt ein Referendar in den Kensington-Palast.
Thronfolger

Dank dem neuen Gesetz zur Thronfolge wird das erste Kind einst die Krone tragen, egal welchen Geschlechts es ist. Dieser Schritt in die Moderne wurde im April 2013 zeitgerecht beschlossen, fällt in der konstitutionellen Monarchie Großbritannien aber deshalb nicht auf, weil Königin Elizabeth II. ja bereits seit 61 Jahren regiert. Sie aber kam nur zum Zug, weil ihr Vater König George VI. bloß zwei Töchter hatte. Da der erstgeborene Sproß von Prinz Will nun auch ein Sohn ist, fällt das Gesetz nicht ins Gewicht. Der neue Urenkel wird allerdings sowieso lange auf den Thron warten müssen. Die jetzige Queen ist mit 87 Jahren noch im Vollbesitz ihrer repräsentativen Kräfte. Ihr Sohn und Thronfolger Charles wird zwar schon 64, wartet aber selbst schon so lange auf die Königswürde, dass er sicher nicht für seinen Sohn und Thronfolger William abdanken wird - im britischen Königshaus wäre dies historisch gesehen höchst unüblich. Edward VIII. verzichtete 1936 auf den Thron, um mit seiner geschiedenen amerikanischen Freundin zu leben. Diese unrühmliche Episode hat in England niemand in guter Erinnerung. Deshalb soll der Thron ordentlich von Elizabeth auf Charles und weiter auf Will übergehen. Der ist jetzt 31 Jahre alt. Erst wenn Will abtritt, wird sein Sohn konstitutioneller König über Großbritannien und weitere fünfzehn unabhängige Staaten.

Patentante

Der königliche Sproß braucht eine würdige Patentante. Wie in allen Fragen der Etikette wird eher nach der Tradition der Familie des Vaters gegangen. Das liegt auch daran, dass Mum Kate auf ihre eigene plebejische Herkunft nicht besonders stolz ist. Schließlich hat sie hart dafür gekämpft, Prinzessin zu werden. Prince Williams Patentante ist Prinzessin Alexandra, sie ist derzeit Nummer 42 in der Thronfolge. Königin Elizabeth fordert für die nächste Königin nun eine ähnlich ehrenhafte Wahl. Dem Vernehmen nach ist sie dagegen, dass Kate ihre Schwester Pippa zur Patentante bestimmen wollte. Die Queen fand ja schon Wills Wahl von "Kate Middleclass" grundsätzlich enttäuschend, sie hatte gehofft, ihr Enkel würde eine dem Königshaus nahestehende Adelige heiraten. Die bürgerlichen Middletons sind durch eine Firma für Partyzubehör zu Wohlstand gekommen. Inzwischen hat sich die Monarchin zwar mit der bürgerlichen Schwiegertochter abgefunden, aber gegen "Flip Pip" als Patentante will sie ein Veto einlegen.

Nanny-Baby

Obwohl Kate und Will sich als modernes junges Paar geben, wird der neue Prinz trotzdem wieder über ein Heer von Zofen und Gouvernanten verfügen. Einer Insider-Quelle nach haben die jungen Eltern vor der Geburt nach einer Haushälterin gesucht und nicht nach einer Kinderfrau. Doch es ist anzunehmen, dass sich neben einer Haushälterin, einer Köchin, einer Putzfrau, Gärtnern, Fahrern, Leibwächtern und vielleicht sogar auch einer Klavierlehrerin für die nächste Generation auch die eine oder andere Nanny in den weitläufigen Kensington-Palast verirren wird. Schließlich ist Mum Catherine (formerly known as Kate) zwar keine moderne Frau mit eigenständigem Berufswunsch, doch Thronfolger-Gemahlin ist sie allemal. Da kann sie nicht ständig auf ihr Baby aufpassen. Von Papa Will gar nicht zu reden, der hat ja nur ein paar Wochen Elternschaftsurlaub bevor er wieder für die Royal Air Force Hubschrauber fliegen geht.

Schulmädchenalltag

Bei der Schulkarriere bleibt den britischen Blaublütern keine Wahl. Sie müssen auf die besten Schulen und basta. Papa Will war in Eton und ging jeden Morgen im Frack zum Frühstück. Bei den Mädchen ist die Tradition der Eliteschule noch nicht so alt und die besten Erziehungsanstalten für Mädchen schicken ihre Schülerinnen nicht im Ballkleid zum Porridge. Kate Middleton, Tochter einer Stewardess, war in einer Schule namens Marlborough. Sollten die Cambridge sich modern geben wollen und sich gegen ein Internat und gegen eine reine Bubenschule für ihr Prinzenkind entscheiden, dann käme der kleine Herr Cambridge wohl ins Eliteinstitut St. Paul`s oder Westminster. Bei der Uni gibt es ein bisschen Auswahl. Mama Kate schaffte es gemäß dem ehrgeizigen sozialen Aufstiegsplan ihrer Eltern planmäßig als erste in ihrer Familie aufs College - ihre Noten waren zwar nicht gut genug für Cambridge oder Oxford, aber sie studierte in St. Andrew's, der ältesten Universität Schottlands aus dem Jahre 1413. Ebendort - Zufall oder nicht - lernte auch Prinz Will. Und die beiden sich kennen. Auch ihr Sohn wird all diese Eiteschulen bloß als sozialen Spielplatz und Bildungsort besuchen und nicht, um sich für einen Beruf ausbilden zu lassen. Denn einen Job hat er ja bereits: Future King of England.

Partylöwe?

Darf der künftige König Party machen oder ist dies unschicklich? Die "royal teens" ohne Thronverpflichtung haben es in dieser Hinsicht leichter. Der zweitgeborene Prinz Harry wird regelmäßig um vier Uhr früh abgelichtet, wenn er aus einem In-Club in Londons Feierbezirk Soho torkelt. Von seinem Bruder Will sind solche Eskapaden nicht bekannt. Auch Kate kann man sich kaum vorstellen, wie sie ihre königlichen Repräsentierpflichten auf Londoner Nachtclubs ausdehnt. Ob das neugeborene Prinzenkind sich an die faden Vorgaben der Eltern halten wird?

Facebook-Prinzessin

Wird der Prinz ein Cyberlife führen wie ein normaler Teenager? Statt auf Twitter wurde die Geburt des königlichen Sprosses per offiziellem Dokument auf einer königlichen Staffelei verkündet. Der Cybersturm brach erst Sekunden später los. Die royalen Spin-Doktoren hatten sich in Vorfeld des Ereignisses sehr wohl überlegt, ob sie die Geburt einfach tweeten sollten, entschieden sich aber, meint eine königliche Quelle, "für etwas mehr Drama". Daher die Staffelei, die bis dato zum letzten Mal für die Verkündung der Geburt von Prinz William verwendet wurde. In Zukunft wird dessen Sohn aber wohl schon im Cyberspace wandeln. Schließlich hat selbst seine Urgroßmutter eine eigene Facebook-Seite.

Gay queen

Was sein Liebesleben betrifft, könnte der Thronfolger überlebte Traditionen sprengen. Sollte er schwul sein, dann darf er im heutigen Großbritannien seinen Partner auch heiraten. Urgroßmutter Elizabeth II. hat den neuen Heirats-Akt vorige Woche unterzeichnet. Gesetzestechnisch hat die Königin ja bloß beratende Funktion, weshalb sie das von allen Parteien am Montag im Unterhaus beschlossene legistische Werk gar nicht hätte ablehnen können. Es ist aber anzunehmen, dass die alte Dame es nicht amüsant finden dürfte, sollten in ferner Zukunft auf ihrem Thron zwei Queens oder ein König und sein Gemahl sitzen.
Großverdiener

In pekuniärer Hinsicht dürfte der nächste König sich an die Vorgaben halten. Wer verzichtet schon auf ererbtes Vermögen? Theoretisch besitzt Königin Elizabeth II. ganz England, Kanada, und Australien. Ihr realer Wert aber liegt eher bei 350 Millionen Euro, ihrem Privatvermögen. Der britische Staat zahlt den Royals 2013/14 41 Millionen Euro, damit sie ihren repräsentativen Pflichten nachgehen können. Das sind 15 Prozent der Einkünfte aus dem "Crown Estate", den königlichen Ländereien. Der Großteil geht in die Staatskassen. Die Windsors gelten nicht als begabte Geschäftsleute, das Vermögen wird nicht in der Londoner City vermehrt. Die wenigen Versuche, eigene Berufe zu entwickeln, verlaufen oft erfolglos. Prinz Charles hat unlängst seinen überteuerten Bio-Shop in Nordlondon schließen müssen, weil in der Wirtschaftskrise sich niemand mehr verschrumpelte Karotten aus Charles's "Garten" leisten will. Dennoch ist der Clan der Windsors keineswegs bankrott.

Steuerflüchtling

Wird auch der neugeborene zukünftige König ein Steuertrickser wie Großpapa Charles? Diesem wurde vorige Woche von Parlamentariern unkönigliches Benehmen in Sachen Taxen vorgeworfen: "Prinz Charles zahlt weniger Steuern als seine Diener", spottete Labour-Abgeordneter Austin Mitchell. Der Thronfolger tritt nur 23,6 % an Steuern von insgesamt 22 Millionen Euro Einkommen ab, die sein Herzogtum ihm als Großgrundbesitzer und Unternehmer einbringt. Charles deklariert seine Besitzungen als Ländereien, obwohl auch verschiedene Firmen vor Ort sind und ihm Gewinn eintragen.

Fashion queen

Der neue Königssproß tritt auch in Fragen der Mode ein leichtes Erbe an. Der Prinz braucht ploß seiner Mama vertrauen. Kate arbeitete sich selbst in ihrer Schwangerschaft von einer eleganten Robe zur anderen. Dabei trägt sie oft auch sogenannte "High Street"-Mode, kauft also manchmal auch von der Stange. Wenn es ernst wird, verläßt sie sich allerdings gerne auf die Designerin Sarah Burton, die das Label Alexander McQueen führt. Die wirklich erste große Frage nach der Geburt des Prinzen ist deshalb, ob Sarah Burton auch sein Taufgewand schneidern wird.

Republikaner, welche Republikaner?

Die britischen Republikaner sind traditionell in der Minderheit, nur etwa 15 Prozent der Briten wünschen die Abschaffung der Monarchie. Doch ob der "royalen Babymania", konstatiert selbst Republikaner-Chef Graham Smith, finden sie derzeit kaum Gehör. Der königliche Nachwuchs zementiert die Monarchie bis auf weiteres ein. Kate und Will haben damit ihren wichtigsten Auftrag bereits ausgeführt. Selbst die neue Online-Initiative #bornEqual der hartgesottensten Republikaner sendet derzeit eher höfliche Botschaften: "Hat nicht auch das königliche Baby das Recht, sein eigenes Leben zu leben?" Wer will schon gegen ein Neugeborenes kampagnisieren? Selbst wenn es mit einem Silberlöffel im Mund zur Welt kommt.

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© 2018 Tessa Szyszkowitz