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Hey Kilts, revenge is on its way 
Hey Kilts, revenge is on its way

David Cameron, der strahlende Gewinner des schottischen Referendums, sollte zwei Schlüsse aus diesem dramatischen Moment der Geschichte des Vereinigten Königreichs ziehen.

In der Nacht des Referendums öffnete sich um zwei Uhr Früh der Himmel über London. Es donnerte und blitzte derart, als ginge es um mehr als nur darum, die heiße Luft des Spätsommers zu entladen. Der Zeitpunkt war bizarr. Zur selben Zeit kamen die Ergebnisse aus den ersten Wahlbezirken aus Edinburgh herein: Die Schotten hatten sich klar gegen die Unabhängigkeit ausgesprochen. Das Gewitter in London kam wie ein riesiger Seufzer der Erleichterung über die Hauptstadt Großbritanniens.

Schluss mit den Dudelsäcken, jetzt kommt die Rache der Engländer. Vor Downing Street 10 stand ein glücklicher Politiker, der gerade der größtmöglichen Katastrophe seiner Amtszeit entronnen war: Bei einem Ja hätte David Cameron den Verlust eines Drittel seines Staatsgebietes während seiner Amtszeit verantworten müssen. Sein Gegenspieler, der rundliche, heitere und gleichzeitig ernsthafte schottische Volkstribun Alex Salmond dagegen nahm am Freitag seinen Hut. Salmond war den „Posh Boys“, wie Cameron und sein Schatzkanzler George Osborne ob ihrer elitären Herkunft gerne genannt werden, schrecklich auf die Nerven gegangen. Denn Salmond hatte, was Cameron fehlt: Charisma. So versuchte Cameron sofort, den Sieg für sich umzudeuten. Jetzt sei die Zeit gekommen, "englische Stimmen für englische Gesetze" abzugeben.

Der Premierminister muss ja den Schotten mehr Rechte geben, das hat er in den letzten Tagen vor dem Referendum versprochen, als in Downing Street ob der letzten Umfragen die Panik ausgebrochen war. Camerons Hinterbänkler aber werden das nicht zulassen, ohne selbst ein bisschen mehr Macht für ihre Wahlbezirke herauszuschlagen. Diese sogenannte „West Lothian question“ - der schottische Wahlbezirk West Lothian wurde inzwischen aufgelöst, dort entstand aber in den siebziger Jahren die Frage, warum der Abgeordnete aus West Lothian über Gesetze in Westminster abstimmt, die nur für England relevant sind, während er nicht über Gesetze abstimmen darf, die für Schottland gelten, da durch Devolution gewissen Entscheidungen nicht mehr in London sondern in Edinburgh getroffen werden. Diese Debatte wird England kein eigenes Parliament bringen. Doch, wie Janan Ganesh in seinem Kommentar am Freitag in der Financial Times meinte, Cameron stellt sich „ein System vor, in dem nur die englischen Abgeordneten über Gesetze abstimmen dürfen, die für England gültig sind.“ (http://www.ft.com/cms/s/2/1ee0eb08-3f3d-11e4-a861-00144feabdc0.html#axzz3DhHQw3vh). Das Projekt UK ist nach dem Referendum nicht unbedingt leichter zu managen geworden. Doch es gibt politischen Spielraum und politisches Kapital, das man aus der Sache schlagen kann.

Als europäische Beobachterin würde ich mir allerdings wünschen, dass die Regierung ein bisschen größer denken würde. Das West-Lothanische Manöver ist schon ziemlich kleinkariert. Dabei gäbe es zwei wirklich wichtige Lektionen, die Cameron aus diesem dramatischen Moment der Geschichte des Vereinigten Königreichs lernen könnte.

Erstens: Nicht nur die Schotten wollen mehr soziale Gerechtigkeit. Camerons Tories verlieren längst dramatisch viele Stimmen in den englischen Landschaften außerhalb von London an UKIP. Der englische Mittelstand kann sich seinen Lebensstandard nicht mehr leisten, weil London zu teuer geworden ist. Statt ständig liebesdienerisch nur den Interessen des Finanzbezirks in der Londoner City nachzugeben, wäre Cameron gut beraten endlich einen Dialog mit seinen Wählern am Land zu beginnen. Darüber was sie brauchen, um ihm bei den nächsten Wahlen 2015 ihre Stimmen zu geben. Die Antwort ist ganz simpel: einen sozial ausgewogeneren Staat.

Zweitens: Nicht nur die Schotten sind „better together“ in der Union mit England. Was für die schottische Wirtschaft gilt, gilt genauso für die britische: Klein ist beschränkend. Und Grenzen sind schlecht. Globalisierter Handel und Weltpolitik sind besser - zumal für eine Mittelmacht - zu verhandeln, wenn man mit am Tisch sitzt. Sollte das schottische Votum für die Union zu irgendetwas gut sein, dann dazu: Camerons liberalkonservative Regierung sollte von jetzt an alles dazu tun, das Vereinigte Königreich in der Europäischen Union zu halten.

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© 2018 Tessa Szyszkowitz