Masha Alyokhina und Nadia Tolokonnikova
Die russischen Feministinnen “PussyRiot” halten die Lage in Putins Reich inzwischen für zu ernst, um nur lustige Lieder zu singen.
PussyRiot, das sind Masha Alyokhina, 26, und Nadia Tolokonnikova, 25. Nach einem kurzen Auftritt in einer Moskauer Kathedrale im Februar 2012 – sie sangen für knapp eine Minute ein Punk-Gebet - landeten die anarchistischen Künstlerinnen knapp zwei Jahre im Gefängnis. Die anderen Gruppenmitglieder wurden frühzeitig entlassen oder konnten sich verstecken. Seit November 2013 sind PussyRiot wieder frei. Heute leiten sie “Zona Prava”, eine Art NGO für die Rechte von Häftlingen in Russland. PussyRiot gehören zu den wichtigsten Stimmen der russischen Opposition. Vorige Woche traf profil sie im britischen Parlament in London.
Profil: Seid ihr überhaupt noch PussyRiot? Tragt ihr statt bunte Balaklavas jetzt grelle Haarfarben?
Masha Alyokhina: Wir sind PussyRiot, wenn wir mit Balaklavas auftreten. Wenn wir bei einer Veranstaltung wie hier in London sprechen, dann tun wir das in unserem Namen, Masha Alyokhina und Nadia Tolokonnikova. Unsere bisher letzte Aktion als PussyRiot haben wir in Sotschi während der Olympischen Spiele gemacht. Das Video von diesem Auftritt hatte eine starke Botschaft: Wer sind diese Barbaren, die Künstlerinnen mit Pferdepeitschen traktieren? Doch bald darauf annektierte Präsident Putin die Krim und schickte Truppen in die Ostukraine. Es ist schrecklich, was dort passiert. Was für unfassbares Leid! Leute sterben. Dieser Krieg in der Ukraine ist so falsch. Wir fanden, dass unsere lustigen Lieder nicht die richtige Reaktion auf die Ereignisse sind. Die Zeit der Punk-Gebete ist vorbei, wir brauchen eine neue Art des Protests.
Profil: Wird die Opposition auf die Straßen zurückkehren, wenn die Sanktionen gegen Russland zu wirken beginnen? Bisher genießt Putin hohe Popularitätswerte.
Alyokhina: Ich erwarte keine Revolution in den nächsten Monaten. Doch die Frage ist nicht so sehr, ob wir auf die Straßen gehen oder nicht. Alles hängt davon ab, ob die Leute endlich zuhören wollen. Einen politischen Wandel wird es erst geben, wenn die Russen ihre Ohrenschützer ablegen und hören können, was in ihrem Land wirklich los ist. Solange sie nicht den Mut haben, zuzuhören, solange wird Putin an der Macht bleiben. Aber wir werden tun, was wir können, damit die Leute merken, was los ist.
Profil: PussyRiot war extrem unbeliebt bei der russischen Bevölkerung, die meisten dachten, PussyRiot ist blasphemisch und “unweiblich”. Seit der Entlassung aus dem Gefängnis vor einem Jahr haben Sie die Gefangenen-Vertretung “Zona Prava” (“Rechtszone”) gegründet. Diese NGO ist von der Regierung nicht anerkannt. Haben die Leute aber für Ihre Arbeit heute größere Symphatien, weil Sie sich für Gefangene einsetzen und nicht so sehr gegen Kirche, Korruption und Präsident kämpfen?
Alyokhina: Wenn wir Freiwillige brauchen, dann melden sich die Leute haufenweise. Für uns ist diese Arbeit spannend. Wir haben noch nie eine Organisation geleitet. Und wir halten es für wichtig, hier und heute Bürgerrechte einzufordern. Alexej Navalny tut dies mit seiner Plattform gegen Korruption. Evgenia Chirikova kämpft für grüne Themen. Wir streiten für die Rechte der Gefangenen. Wir müssen in Russland bleiben und für unsere Überzeugungen eintreten. Denn Russland ist auch unsere Heimat, Herr Präsident! Und wir werden dafür kämpfen, dass es unser Land bleibt.