Nach dem Ende des Oslo-Friedensprozesses wird unter Israelis und Palästinensern über eine binationale Einstaatenlösung nachgedacht.
Bashir Bashir, 38, unterrichtet politische Theorie an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Der Palästinenser mit israelischem Pass ist Mitinitiator von “Rethinking the politics of Israel/Palestine. Partition and its Alternatives”, einem Projekt des Bruno Kreisky Forums für Internationalen Dialog. Initiative und Buch werden am 16.2. um 17.00 im Haus der Europäischen Union, Wipplingerstraße 35 in Wien vorgestellt. Mit profil sprach Bashir Bashir in Jerusalem.
Profil: Ist die Zweistaatenlösung gestorben oder könnte sie wieder auferstehen, wenn im März eine links-zentristische israelische Regierung gewählt wird?
Bashir: Die israelische Arbeitspartei hat doch genauso Siedlungen gebaut wie der rechte Likud. Für den Frieden muss man aber bereit sein, schmerzhafte Kompromisse zu machen.
Profil: Hat ein gemeinsamer Staat mit binationalen Rechten, wie Sie es andenken, mehr Chancen?
Bashir: Es gibt de facto nur einen Staat zwischen Mittelmeer und Jordan. Wir müssen darüber diskutieren, welche Rechte wer bekommt. Geht es den Palästinensern wirklich um einen eigenen Staat? Oder reicht es, wenn beide Nationen ihre Rechte in einem Staat garantiert bekommen – Sprache, Kultur, Religion und bürgerlichen Rechte jeweils als Israelis und als Palästinenser?
Profil: Da würden doch beide Völker um ihr kulturelles und politisches Überleben fürchten, oder?
Bashir: Der frühe palästinensische Nationalismus sprach nicht über einen Staat, sondern über die arabische Einheit. Erst in den sechziger Jahren fing Jassir Arafat damit an. Dem israelischen Präsidenten Reuven Rivlin, beileibe kein Linker, schwebt ein “binationaler Staat minus” vor. Die Palästinenser hätten eingeschränkte bürgerliche Rechte in Israel. Das ist zwar nicht genug. Aber es ist ein Anfang.
Interview: Tessa Szyszkowitz/Jerusalem