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Der Fall Gaza

Der Fall Gaza. Eine Dokumentation.

https://www.falter.at/zeitung/20250520/der-fall-gaza-eine-dokumentation


Seit dem Massaker der Hamas an israelischen Zivilisten vor eineinhalb Jahren wird im Gaza-Streifen gekämpft. Wer begeht dort Kriegsverbrechen, wer untersucht sie, wer berichtet über sie? Und wer richtet sie?

von Tessa Szyszkowitz

FALTER 21/2025, 20.05.2025

Seit dem 7. Oktober 2023, als die Terrororganisation Hamas und andere islamistische Gruppen israelische Dörfer und Städte außerhalb des Gazastreifens überfielen, ist der Nahostkonflikt eskaliert. 1139 Israelis wurden an diesem Tag getötet, 251 nach Gaza verschleppt. 192 Geiseln konnten während zweier Waffenpausen ausgetauscht oder von der Armee befreit werden. Derzeit sind 59 Geiseln in der Hand der Hamas, davon 23 am Leben. Angeblich.

Nach 19 Monaten Krieg Israels gegen Gaza wurden in dem schmalen, nur 360 Quadratkilometer großen Küstenstreifen mit einer Bevölkerung von 2,2 Millionen Menschen 52.928 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet und 111.600 verletzt. 17.500 Kinder verloren ihr Leben. 14.222 Menschen werden vermisst. Das sind die Zahlen, die das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium bekannt gibt.

Recht oder Rache

90 Prozent der Zivilbevölkerung wurden intern vertrieben, 420.000 allein, seit die Kämpfe im März wieder begonnen haben, schätzt die deutsche Hilfsorganisation stiftung medico international. Das Team um Eyal Weizman von Forensic Architecture in London kommt in einer Untersuchung zu dem Schluss: Nicht nur Häuser und Schulen sind zum Großteil zerstört worden, auch ungefähr 70 Prozent des landwirtschaftlichen Bodens.

Unter den Toten sind laut dem Committee to Protect Journalists mit Stand 16. Mai mindestens 179 Medienleute. 171 davon sind Palästinenser. Dabei stehen Pressevertreter im Krieg unter Schutz.

Auch medizinisches Personal wird nicht ausreichend geschützt. 430 Helfer – darunter Ärztinnen, Pfleger und Ambulanzfahrer – wurden laut dem UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA) getötet. 305 von ihnen waren bei der UNO beschäftigt, unter den Opfern sind 151 Frauen.

Seit März hat Israel den Gazastreifen zudem völlig von Hilfslieferungen abgeschnitten: Weder Medikamente noch Nahrung und Wasser kommen derzeit in den Gazastreifen. Die Bevölkerung hungert. Die Entsalzungsanlagen, die Trinkwasser produzieren, brauchen Treibstoff, den es kaum mehr gibt. Es droht eine Hungersnot. In einem dramatischen Appell warnt UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher explizit vor einem „Völkermord“. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu kündigte daraufhin am Montag eine Lockerung der Blockade an.

Allerdings: Israels Regierung startete gerade die Operation „Gideons Streitwägen“ und beruft israelische Reservisten ein: „Wir werden ganz Gaza übernehmen“, so Netanjahu. Die israelische Armee bombardierte gerade wieder drei Krankenhäuser – den Nasser Medical Complex, das Gaza European Hospital und das Indonesia Hospital.

Alle diese Zahlen, Fakten und Verbrechen sind – wie so oft in einem Krieg – umstritten. Israel lässt Medien nicht allein in den Gazastreifen, „aus Sicherheitsgründen“, wie es heißt. Palästinensische Kollegen berichten, so gut sie unter diesen Umständen können, die Wahrheit können sie unter der Hamas-Regierung allerdings auch nicht immer erzählen. In Israel gibt es zwar eine freie Presse, aber die Militärzensur beschränkt sie, wenn es um den Krieg in Gaza geht. Und so werden die Zahlen zitiert, die von der Hamas geführte Regierungsstellen im Gazastreifen bekanntgeben.

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© 2018 Tessa Szyszkowitz