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In Putins Kerker "Ich dachte, ich komme dort nie wieder raus"

Im Kerker von Wladimir Putin: „Ich dachte, ich komme dort nie wieder raus“

https://www.falter.at/zeitung/20241001/ich-dachte-ich-komme-dort-nie-wieder-raus

Wladimir Kara-Mursa gilt als wichtigster Oppositioneller Russlands. Im Falter-Gespräch erzählt er, wie er den Gulag hinter sich ließ und welch gigantische Aufgabe jetzt vor ihm und seiner Frau Evgenia liegt 

Tessa Szyszkowitz Medien, FALTER 40/2024 vom 01.10.2024

Wladimir Kara-Mursa spricht ganz leise und schnell. Er muss jetzt alles loswerden. Jede Minute zählt. Der russische Oppositionelle ist ja erst vor ein paar Wochen aus Putins Gulag entlassen worden. „Es ist überwältigend für mich – plötzlich so viele Leute und so viele Termine und so viele verschiedene Orte“, sagt er: „Gerade war ich noch in meiner kleinen Zelle in Einzelhaft und dachte, ich komme dort nie wieder raus. Ich wachte jeden Tag auf und starrte an die Decke. Nach ein paar Wochen hatte ich begonnen, mich mit den Wänden zu unterhalten.“ Seine Familie durfte er in über zwei Jahren Haft nur drei Mal anrufen. 

Der 43-jährige Politiker hat seinen Verstand nicht verloren. Im Gegenteil. Mit 16 Jahren war er Journalist geworden und hatte jahrelang als Korrespondent russischer Medien in London gearbeitet. Um nicht verrückt zu werden, schrieb er Briefe aus dem Gefängnis, die in der Washington Post veröffentlicht wurden. Für diese Kerker-Kolumnen bekam er im Mai 2024 einen Pulitzer-Preis. 

Der Russe mit britischem Pass tritt mit einer Eindringlichkeit auf, als ginge es um sein Leben. Das tut es auch. Seit Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine überfallen hat, ist nicht nur die Ukraine selbst Opfer des totalitären Wahns Wladimir Putins geworden. Auch die russischen Medien, die politische Opposition und die Bürgerrechtsbewegung werden noch brutaler als davor verfolgt, ins Gefängnis gesteckt, gequält, gefoltert und umgebracht. 

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© 2018 Tessa Szyszkowitz